Die enorme Entwicklung Chinas beeindruckt die ganze Welt. Von einem Land, das zu Mao Zedongs Zeit weitgehend isoliert war, entstand eine Handelsmacht, die vom heutigen Wirtschaftsnetz nicht mehr wegzudenken wäre. Obwohl China zu den Marktführern im Export von Agrargütern gehört, hat man im Land mit einer hungernden Bevölkerung zu kämpfen. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen hat die landwirtschaftliche Anbaufläche angefangen zu schrumpfen, da sie der wachsenden Industrie Platz machen muss. Ausserdem haben Verstädterung, Naturkatastrophen (u.a. Erosion und Verödung), chemische Verseuchung und Wiederaufforstung auch dazu geführt, dass sich diese Fläche um sieben Prozent auf 120 Millionen Hektare verringerte. Dies entspricht aber noch immer etwa einem Neuntel Chinas. Global gesehen besitzt China aber gerade mal zehn Prozent des weltweit vorhandenen Agrarlandes um mindestens einen Fünftel der Weltbevölkerung zu ernähren.
Zusätzlich haben sich auch die Essgewohnheiten vieler Chinesen mit der wachsenden Kaufkraft geändert. So ist die Nachfrage auf Fleischprodukte enorm gestiegen, was wiederum Auswirkungen auf das Viehfutter hat. Ausserdem erschwert die Übernutzung der Wasservorkommen zusätzlich die Produktivitätssteigerung der Landwirtschaft. In den kommenden Jahren wird sich die chinesische Regierung besonders auf die Landwirtschaft konzentrieren müssen. Als eine vorübergehende Lösung hat China schon angefangen, Geschäfte mit Brasilien für Soja und mit Argentinien für Fleisch abzuwickeln. In Zukunft möchte die chinesische Regierung aber wieder die Selbstversorgung sicherstellen, obwohl China riesige Devisenreserven besitzt. Deshalb hat das Reich der Mitte angefangen, eine Neuentwicklung in der Landwirtschaft einzuführen. Dazu gehört, den Bauern eine bessere Ausbildung zu ermöglichen und die Anbaumethoden zu modernisieren, also Intensivlandwirtschaft zu betreiben. Zusätzlich kann man mit sinnvollem Gebrauch von Düngemitteln und Wasser noch mehr aus der verfügbaren nutzbaren Fläche herauszuholen. Diese Entwicklung wird am Schluss nicht nur für China, sondern auch für die Welt Auswirkungen haben. Durch neue Technologien wird nicht nur der Ertrag der Landwirtschaft gesteigert: So könnten auch internationale Firmen von den technischen Innovationen profitieren. Allerdings wird es in China sicher auch zu sozialen Spannungen kommen, zwischen Gewinnern und Verlieren der Situation.
(Aus NZZ, 06.06.2007)
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